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Gastkommentar von Dr. Björn Peters,
Ressortleiter Energiepolitik beim Verband der deutschen Arbeitgeber - DAV- vom 28.11.2016

Mit meiner Berufung zum Ressortleiter Energiepolitik habe ich neben der Gründung meiner Unternehmens- und Politikberatung ein spannendes Ehrenamt übernommen.  Ich glaube, dass der Zeitpunkt nicht günstiger sein könnte:  Im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 sehe ich eine kleine Chance, dass die Energiepolitik der vergangenen Jahre geändert werden kann, wenn alle relevanten gesellschaftlichen Kräfte dies zu ihrem Thema machen.  Sie hat die mit ihr verbundenen Ziele weit verfehlt, hat wirtschaftliche und soziale Schieflagen erzeugt und riskiert ein bedenkliches Demokratiedefizit.  Lassen Sie mich diese Aspekte kurz erläutern.

An anderer Stelle habe ich ausführlich beschrieben, dass kaum eines der Ziele der Energiewende tatsächlich erreicht wurde. Das EEG hat dank seines durchschlagenden Erfolges die Herstellungskosten für Photovoltaik-Anlagen tatsächlich fast um einen Faktor zehn absenken können.  Windenergie-, Biomasse- und Wasserkraftanlagen haben sich preislich aber kaum verändert, tendenziell eher verteuert.

Die durchschnittliche pro Megawattstunde emittierte Menge an CO2 ist zwar bis 2010 gesunken, nach dem sehr starken Ausbau ab 2011 bei Wind- und Solarenergie aber wieder gestiegen.

Insgesamt werden die CO2-Emissionen sowieso durch den CO2-Emissionshandel gedeckelt, weitere Anreizsysteme sind daher unnötig und verhindern sogar die eigentlich beabsichtigte Lenkungswirkung des Emissionshandels.  Arbeitsplätze wurden in den "Ökobranchen" zwar geschaffen, aber an anderer Stelle wurden sie durch die erhöhten Stromkosten ins Ausland verlagert.  Für die Mobilitäts- und Wärmesektoren sind technische und bezahlbare Lösungen für einen erfolgreichen Ausstieg aus fossilen Energierohstoffen gleichfalls noch nicht in Sicht.

Der im EEG niedergelegte Einspeisetarif für "erneuerbar" erzeugten Strom steht meistens alleine in der politischen Debatte.  Nicht ganz zu unrecht, wo doch die EEG-Umlage von Jahr zu Jahr wächst und mittlerweile doppelt so hoch ist wie die reinen Strom-Beschaffungskosten an der Börse. Häufig wird aber übersehen, dass der gleichfalls im EEG niedergelegte Einspeisevorrang zu mittlerweile ähnlichen Problemen führt. Dadurch, dass die wetterabhängigen Solar- und Windkraftwerke ihren sämtlichen Strom ins Netz einspeisen dürfen, gibt es nicht mehr einen Strommarkt, sondern jede Stunde einen anderen. Die Betreiber von thermischen Kraftwerken – typischerweise Stadtwerke in teils öffentlicher Hand – müssen die Differenz zwischen EEG-Strom und der momentanen Last produzieren, unterliegen aber immer weniger gut planbaren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. 

Der Schaden für die Volkswirtschaft ist immens.  Gleichzeitig steigen die Aufwendungen für Netzstabilisierung, die auf alle Verbraucher umgelegt werden. 

Diese Netzentgelte haben sich von Pfennigbruchteilen auf über 2 Cents je Kilowattstunde fast verzehnfacht. Warum werden diese Aufwendungen nicht verursachergerecht von den Betreibern von Solar- und Windkraftwerken zurückverlangt?  Könnte der Bund nicht die Stromsteuer für 15-20 Jahre aussetzen, also so lange wie alleine die Umsatzsteuer auf EEG-Umlage und Netzentgelten ein ähnliches Volumen aufweist wie die Stromsteuer? 

Eine doppelte Bereicherung des Staates erscheint unzeitgemäß.  Eine Entlastung bei den Stromkosten käme allen zugute und würde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessern helfen.

Weiteres wird viel zu oft unterschlagen, dass das EEG eine gravierende soziale Schieflage verursacht. 
Die höheren Umlagen auf den Strom bezahlen wir alle, vom Hartz IV-Empfänger bis zum Millionär. Investoren, denen die Einspeisetarife zugutekommen, rekrutieren sich aber vornehmlich aus der letzten Gruppe. Würde man mit all diesem Geld wenigstens etwas für den Umweltschutz tun, könnte man die EEG-Umlage ja noch rechtfertigen.  Tatsächlich ist unsere Stromproduktion "dank" des EEG aber dreckiger und unsicherer geworden, die CO2-Emissionen sind gestiegen statt zu sinken und der Ausbau gerade von Windkraft und Biomasseanlagen geht einher mit einer Verschandlung der Kulturlandschaften, dem Aufbau von Monokulturen und der Vernichtung von Biodiversität.

Die Ignoranz gegenüber einkommensschwachen Schichten und die Blindheit gegenüber den Folgen falscher Politik ist ein Mitgrund für das vielfach beklagte Anwachsen sogenannter "populistischer" Parteien und für steigendes Misstrauen gegenüber den Eliten.

Zuletzt – es wurden zwar alle EEG-Novellen im Bundestag verabschiedet, das starke Anwachsen der durch das EEG verursachte Kosten auf nunmehr über 30 Milliarden Euro jährlich wurde aber von keiner Partei in einem Wahlprogramm beschrieben.  Ein grüner Spitzenpolitiker sprach von "einer Kugel Eis pro Monat" für einen durchschnittlichen Haushalt.

Eine Leistung in der Größenordnung eines Prozents des Bruttosozialprodukts sollte aber besser demokratisch legitimiert werden.

Ich wünsche mir von den bei der kommenden Bundestagswahl antretenden Parteien, dass sie klar sagen, was sie energiepolitisch erreichen wollen und dass sie die Folgekosten für alle verständlich beziffern.  Beispielsweise mag man fordern, dass ab 2030 nur noch Fahrzeuge ohne Verbrennungsmotor zugelassen werden, oder dass ab 2025 keine Heizungen mit fossilen Brennstoffen eingebaut werden dürfen.  Dann soll man das aber auch im jeweiligen Bundestagswahlprogramm so deutlich sagen, dass ich als Wähler eine klare Alternative zwischen den Parteien habe.  Ich würde mir dann selbst einen Reim darauf machen, ob ich daran glaube, dass sich die jeweiligen Technologien so schnell entwickeln lassen wie es erforderlich wäre für die Erreichung solcher Ziele.

Wir haben das EEG bei Einführung im Jahr 1998 mit überwältigender Mehrheit begrüßt.  Leider hat es die Hoffnungen nicht erfüllt.  Ganz im Gegenteil machen es die vier Faktoren – Zielverfehlungen, Folgekosten, soziale Schieflage und Demokratiedefizit – notwendig, das  EEG schnellstmöglich nach der Bundestagswahl abzuschaffen und neue Wege in der Energiepolitik zu beschreiten, um langfristig den Ausstieg aus fossilen Energieträgern doch noch schaffen zu können, und im Einklang mit Naturwissenschaft und volkswirtschaftlicher Verkraftbarkeit.  Im Deutschen Arbeitgeberverband wollen wir der energiepolitischen Debatte neuen Schwung geben.  Wir wollen die Öffentlichkeit und Medien über neue Wege in der Energiepolitik informieren.  Ziel ist, eine gesellschaftliche Diskussion über die Ziele der Energiepolitik loszutreten und diese dann noch vor der Bundestagswahl in die Politik hinein zutragen. Das Feld der Energiepolitik ist komplex, es sollte aber gelingen, die Sachverhalte auf einfache Aussagen und Maßnahmen herunterzubrechen, die allgemeinverständlich und überzeugend sind. Wir wollen in allen Parteien nach Verbündeten suchen, die die Programmatik in ihren Parteien dahingehend beeinflussen, die energiepolitischen Forderungen in Einklang mit Natur- und Volkswirtschaft zu bringen. Zuletzt wollen wir konkrete Gesetzesänderungen vorschlagen, die die Versorgungssicherheit in der Stromversorgung erhöhen und die Energiekosten senken helfen, und dafür werben, dass sie von den politischen Entscheidungsträgern übernommen werden. 

All dies wird Aufwand in Zeit und Geld verursachen, und wir freuen uns auf jede helfende und unterstützende Hand.

Zur Person:
Dr. Björn Peters ist Gründer der Unternehmens- und Politikberatung "peters – Continental Commodity Consulting".Dr. Björn Peters ist Analyst und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema "Energiewende" unter wissenschaftlichen als auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten

-> Website des deutschen Arbeitgeberverbandes

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